Selbstversuch Erlebnis Barfußpark: Wohltuende Entspannung für die Füße

Unsere Füße tragen uns durchs ganze Leben, deshalb sollten Sie ihnen ab und an etwas Gutes tun. Susanne Walsleben hat einen Barfußpark für Sie getestet.

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Fuß-Prüfung über Stock und Stein

Soll ich oder soll ich nicht? Das Stück Weg vor mir besteht aus einem schmalen, mehrere Meter langen Becken gefüllt mit blauen Glassteinchen. Für Schuhe mit festen Sohlen kein Problem. Aber ich bin barfuß. Mit nackten Füßen über Glas? Vorsichtig setze ich den rechten Fußballen auf die Steinchen. Es piekt. Es sticht. Doch nur ein bisschen. 

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Also fasse ich Mut und trete mit dem ganzen Fuß auf den Glasweg. Dann ziehe ich das linke Bein nach und gehe mit nicht ganz sicheren Schritten über das schillernde Glas bis ich wieder den weichen Waldboden erreiche. Ein schneller, prüfender Blick auf meine Fußsohlen: alles in Ordnung, nicht der kleinste Schnitt ist zu entdecken. Im Barfußpark Egestorf in der Lüneburger Heide, rund 50 Kilometer südlich von Hamburg, warten noch eine ganze Menge Herausforderungen auf mich: Wegstücke über Splitt, Kieselsteine, Feldsteine, über Wein- und Champagnerkorken, Baumrinde, Tannenzapfen, Reisig oder Heidekraut. Letzteres entpuppt sich als besonders unangenehme Barfuß-Prüfung: Nichts sticht und piekst so sehr wie die trockenen Überreste der Erika-Pflanzen. Natürlich ist es nicht Sinn und Zweck des Barfußparks meine Füße zu malträtieren. Im Gegenteil. „Die Füße wollen etwas von der Welt sehen, sie brauchen Freiraum und Luft zum amen“, sagt Prof.
Ingo Froböse, Leiter des Zentrums Gesundheit der Deutschen Sporthochschule Köln. „Es
 gibt kaum etwas Gesünderes für die Füße, als regelmäßig ohne Schuhe zu laufen: Es stärkt das Zusammenspiel von Sehnen, Muskeln und Knochen und trainiert den natürlichen Bewegungsablauf.“

Öfter mal die unbequemen Schuhe weglassen

Gerade Frauen sind es ja, die den Füßen so einiges zumuten. Enge, spitze Pumps mit hohen Absätzen oder Sandaletten mit hauchdünnen Sohlen, die wir über Stunden tragen und die die Fußballen vor Schmerzen ächzen lassen. Stilettos, die so geformt sind, dass sie uns bei jedem Schritt nach vorn kippen lassen. Durch die hochgestellte Ferse, die auf einem zwölf Zentimeter hohem Absatz thront, werden Bänder, Sehnen und Gelenke belastet. Aber selbst wer flache Absätze bevorzugt und nicht wie ich zu den Frauen zählt, die ihre Füße aus Gründen der Schönheit öfter mal leiden lassen, sperrt sie tagtäglich in mehr oder weniger passende Schuhe. Wann laufen wir draußen eigentlich noch barfuß – außer im Urlaub am Strand? Also öfter die Schuhe weglassen.

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Barfußlaufen für den Energiekick im Alltag

Schon Pfarrer Sebastian Kneipp empfahl Barfußlaufen als Kurmittel für ein besseres Immunsystem. Und auch im Barfußpark Egestorf beginnt der Parcours mit einem Kneipp-Becken voll mit kaltem Wasser. „Schreite wie ein Storch“, erklärt mir der Text neben dem Becken. Er fordert mich auch auf, vorsichtig zu sein, falls ich unter Kreislaufbeschwerden leide. Nach dem Wasserbecken balanciere ich über Rasengittersteine und genieße dann den federnden, weichen, nach dem kalten Wasser angenehm warmen Waldboden. Das fühlt sich wunderbar an, meine Füße entspannen sich, ich bilde mir ein, lange nicht so bequem unterwegs gewesen zu sein. Prof. Ingo Froböse: „Barfuß laufen tut auch unserer Psyche gut – und sorgt für einen Energiekick im Alltag.“ Stimmt. Ohne Schuhe und Strümpfe fühle ich mich ein bisschen wie in den Ferien. Ich passiere die blauen Glassteinchen, über die man übrigens gefahrlos laufen kann, weil sie angeschliffen sind, und stehe plötzlich vor einem Becken mit nassem Lehm. Hellbraune Pampe. Der erste Schritt mitten hinein in den Lehm ist denn auch gewöhnungsbedürftig. Kühl, glitschig und am Boden, den ich nicht einsehen kann, lauern undefinierbare Krümel und Klumpen. Ich fühle mich wie in einem Harry-Potter- Film. Es würde mich nicht wundern, wenn ein Tentakel aus dem Lehm käme und nach meinem Knie greifen würde. Am Ende des Beckens sind meine Beine bis über die Fußknöchel braun verfärbt, den Rest des Wegs trage ich diese seltsamen „Strümpfe“.

Muskelstärkung inklusive

Nach dem Lehm wartet auf mich das Moor. Die Konsistenz ist dicker, die Farbe schwarz, die Klumpen am Boden sind noch größer. Die dunkle Masse schwappt bis an meine hochgekrempelte Jeans. Meine Füße fühlen sich trotzdem immer wohler. Das Moorbad in der freien Natur entspannt, manch- mal kitzelt es unter den Füßen, aber mein Tastsinn wird immer besser, ich spüre auch kleinste Unebenheiten und fühle, wie die Sohlen angenehm durchgeknetet werden. Ich wate durch Torf, laufe über eine blühende Wiese und genieße einen langen Weg durch feinsten Sand. Immer wieder wechseln der Boden und der Untergrund, meine Füße müssen sich ständig auf Neues einstellen. Und das schaffen sie erstaunlich gut. Der Evolutionsbiologe Daniel Lieberman von der Harvard University hat herausgefunden, dass unser Bewegungsapparat beim Barfuß laufen weniger belastet wird. Und weil sich die Füße immer wieder dem Boden anpassen müssen, werden die Muskeln gestärkt.

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Allerdings: Wer das Gehen ohne Schuhe und Strümpfe nicht gewöhnt ist, lässt es besser langsam angehen. Immerhin kann die weiche Fußsohle leicht verletzt werden, Verunreinigungen können Infektionen hervorrufen. Vor allem Diabetiker sollte vorsichtig beim Barfuß laufen sein. Ihr Schmerz- empfinden kann gestört sein, das Risiko für Verletzungen ist dann größer. Nach knapp drei Kilometern klettere ich ohne Schuhe über Findlinge. Die Steine sind glatt, aber meine Füße finden problemlos Halt. Im Schatten fühlt sich der Waldboden feucht und weich wie Watte an, an sonnigen Stücken gemütlich warm. Kurz vor dem Ende gibt es ein langes Becken voller Matsch. Wann habe ich das letzte Mal mit nackten Füßen in Matschepampe gestanden? Ich kann mich nicht erinnern, aber ich genieße es. Barfuß laufen sei ein Wohlfühl-Erlebnis für alle Sinne, meinte schon Pfarrer Kneipp. Stimmt. Ich bin entspannt und voller Power. Als ich am Schluss meine Beine mit Wasser sauber spritze und meine bequemsten Schuhe anziehe, habe ich das Gefühl, stundenlang im Spa gewesen zu sein. Die Füße prickeln, alle Sinne sind auf Empfang. Reflexzonen-Massage in der Natur – was gibt ́s Schöneres?

Hier finden Sie eine Übersicht über die schönsten Barfußparks Deutschlands.

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