Fußchirurg "Ich sehe täglich mehr als 20 Füße"

Ob der Cinderella-Fuß nicht nur in den USA ein Thema ist, sondern auch in Deutschland? Fußchirurg Dr. Adrian K. Wiethoff gibt Einblick in seinen Beruf und gibt hilfreiche Tipps. 

Dr. Adrian Wiethoff

Komplizierte Fußfehlstellungen und spezielle Operationswünsche sind für ihn nichts Besonderes, sondern vielmehr Berufsalltag: Wir haben mit Dr. Adrian K. Wiethoff aus der Düsseldorfer Privatärztlichen Praxis für Ästhetische und Rekonstruktive Fußchirurgie "Ars Pedis" gesprochen. Der Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie und zertifizierter Fußchirurg hat uns von seinen täglichen Herausforderungen erzählt und uns nützliche Tipps gegeben. 

FEETASTIC: Warum wollten Sie Fußchirurg werden?

Wiethoff: Ich hatte das Glück, während meiner Ausbildung zum Plastischen Chirurgen, zu der die Verbrennungschirurgie, Ästhetische Chirurgie, Wiederherstellungschirurgie und die Handchirurgie gehören, auch noch mit der Fußchirurgie in Kontakt zu kommen. Gerade weil die Menschen den Füßen vor zehn Jahren noch wesentlich weniger Beachtung schenkten als heute, wurde mein besonderes Interesse geweckt. Ich begann, mich speziell fußchirurgisch weiter zu bilden. Es war mein Ziel, das Wissen aus der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie mit einer soliden fußchirurgischen Ausbildung zu verknüpfen, um sowohl funktionell wie auch ästhetisch ein Optimum anbieten zu können. 2009 eröffnete ich dann Deutschlands erste Praxis für ästhetische und rekonstruktive Fußchirurgie. So achte ich bei sogenannten medizinisch indizierten Operationen – wenn möglich – auf unauffällige Schnittführung und Narben. Auf der anderen Seite biete ich auch rein ästhetische Korrekturen am Fuß an.

FEETASTIC: Wie sieht Ihr typischer Arbeitstag aus?

Wiethoff: Ein für mich typischer Arbeitstag besteht meist aus zwei bis drei Operationen. Hinzu kommen Kontrolltermine mit schon operierten Patienten – und nachmittags stehen Beratungsgespräche mit neuen Patienten in meinem Kalender. Dazwischen und danach fällt leider auch immer viel bürokratische Arbeit an.

FEETASTIC: Wie viele Füße bekommen Sie täglich zu sehen?

Wiethoff: Da es sich bei meiner Praxis um eine Privatpraxis handelt, kann ich mir glücklicherweise relativ viel Zeit für meine Patienten nehmen. Ein typisches Beratungsgespräch zum Beispiel dauert eine Stunde. Daher schätze ich, dass ich im Laufe des Tages vielleicht 20 Füße real sehe. Email-Anfragen mit Fotos mal ausgenommen.

FEETASTIC: Welches sind die häufigsten Fußerkrankungen  und –fehlstellungen in Deutschland?

Wiethoff: Zu den häufigsten Fußfehlstellungen zählt sicherlich die Spreizfußdeformität. Sie kann nicht nur zu einem Hallux valgus führen, sondern auch zu Hammerzehen und Schmerzen im Bereich des Vorfußes („Metatarsalgie“).

FEETASTIC: In High Heels laufen – gesundheitlich gut oder schlecht?

Wiethoff: Nun, so pauschal lässt sich das nicht sagen: Für die Optik sind hohe Absätze sicherlich gut – nach meinem und dem allgemeinen Empfinden. Für den Fuß selbst sind High Heels jedoch schlecht. Aufgrund der entstehenden Fehlbelastung des Vorfußes. Grob gesagt gilt: Pro Zentimeter Absatz kommen zehn Prozent mehr Belastung auf den Vorfuß. Wie bei so vielen Dingen gilt daher: Alles in Maßen! Und wenn, dann sollten Sie den Füßen ausreichend Erholungszeit gönnen und zum Beispiel viel Barfußlaufen.

FEETASTIC: Was muss der perfekte Schuh leisten?

Wiethoff: Idealerweise soll ein perfekter Schuh ausreichend Platz für Fuß und Zehen bieten, da sich sonst Fehlstellungen und damit Druckstellen entwickeln können. Dies gilt sowohl für die Länge wie auch für die oft vernachlässigte Breite. Außerdem ist ein vernünftiges Fußbett wichtig. Besonders, wenn Sie schon Beschwerden haben. Auch eine gewisse Atmungsaktivität sollte vorhanden sein, da sonst Fuß- und Nagelpilz Vorschub geleistet wird. Und wie eben erwähnt, ist auch das häufige Tragen sehr hoher Absätze für den Fuß nicht gerade optimal.

FEETASTIC: Verraten Sie uns drei Tipps für den Schuhkauf ohne Komplikationen?

Wiethoff: Nicht nur auf die Optik achten! Ein Schuh muss passen. Vor allem, wenn Sie ihn nicht nur ab und zu tragen wollen. Gehen Sie besser nachmittags und nicht morgens einkaufen, da die Füße im Laufe des Tages noch etwas anschwellen. Außerdem: Nehmen Sie sich ausreichend Zeit und laufen Sie Probe.

Hier gelangen Sie zu einem Interview mit Schuhexpertin Dr. Claudia Schulz. 

FEETASTIC: Welche OP's werden in Ihrer Praxis am häufigsten durchgeführt?

Wiethoff: Zu den häufigsten Operationen bei sogenannter medizinischer Indikation – also bei Beschwerden – zählen der Hallux valgus (der sogenannte Ballenzeh), der Hallux rigidus („steifer Großzeh“ bei Arthrose) und Hammerzehen. Bei Operationen aus rein ästhetischen Gründen geht es in erster Linie um Verkürzung, Verlängerung und Begradigung einzelner Zehen oder zum Beispiel Fußverschmälerungen.

FEETASTIC: Apropos Verkürzung. In den USA herrscht ein Trend bezüglich Mini-OP's – viele wünschen sich zum Beispiel den sogenannten Cinderella-Fuß. Kommen auch Patienten mit solchen Wünschen zu Ihnen?

Wiethoff: Ja, und zwar in den letzten Jahren zunehmend mehr, weil immer bekannter wird, dass es solche Operationen überhaupt gibt. Verkürzungen einzelner Zehen zum Beispiel – oft sind die zweiten Zehen deutlich länger als die Großzehen. Das sind relativ kleine, risikoarme Eingriffe. Ästhetisch nutzt er eine Menge – und nach der OP kommt es auch zu weniger Problemen beim Tragen von Schuhen. Ästhetische Eingriffe machen etwa 30 Prozent meiner Operationen aus.

FEETASTIC: Was waren Ihre außergewöhnlichsten Operationen?

Wiethoff: Dazu zählen sicherlich sehr komplexe, genetisch verursachte Deformitäten, bei denen in einem Schritt an einem Fuß gleich einige Zehen verlängert und andere verkürzt werden, oft in Kombination mit einer Hallux valgus-OP. Vorher-Nachher-Fotos dieser Operationen rufen immer wieder Erstaunen bei Laien hervor. Und, ja, auch bei Kollegen.

FEETASTIC:  Wie sieht es allgemein mit dem Thema Füße aus? Welche neuen Trends zeichnen sich in Deutschland ab?

Wiethoff: Den Füßen wird insgesamt zunehmend mehr Beachtung geschenkt. Das wird übereinstimmend sowohl von Fußpflegern wie auch –chirurgen berichtet. Zudem hat sich im letzten Jahrzehnt die Fußchirurgie sehr positiv weiterentwickelt, so dass heute längst nicht mehr gilt, dass man mit einer OP so lange warten sollte, bis im wahrsten Sinne des Wortes „nichts mehr geht“. Vieles ist machbar, was früher kaum möglich war. So kommt es, dass sowohl die Operationszahlen bei medizinischer Indikation wie auch aus ästhetischen Gründen klar ansteigen.

Vielen lieben Dank an Dr. Adrian K. Wiethoff. Das FEETASTIC-Team bedankt sich herzlich für das nette Gespräch.

So finden Sie die richtigen Schuhe finden? Hier geht's direkt zu einem weiteren Experteninterview.

Hinweis zu medizinischen Beiträgen:

"Artikel mit medizinischen Inhalten dienen ausschließlich zu Zwecken der allgemeinen Information. Sie sind nicht zur (Selbst-)Diagnose und Behandlung individueller Erkrankungen und medizinischer Indikationen geeignet. Insbesondere können sie die Untersuchung, Beratung oder Behandlung durch einen zugelassenen Arzt oder Apotheker nicht ersetzen. Eine Beantwortung individueller Fragen erfolgt durch die Artikel nicht.“